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HANDELSRECHT – 04. Juni 2020

Einseitige Beendigung von Verträgen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie

Die Corona-Krise bringt massive Störungen in vertraglichen Liefer- und Leistungsbeziehungen mit sich. Verträge können entweder gar nicht erfüllt werden oder nicht so, wie es vereinbart wurde.

Für viele Unternehmen stellt sich nun die Frage, ob Verträge im Geschäftsverkehr wegen der Corona-Krise einseitig beendet werden können.


Force majeure – Klauseln


Von großer Bedeutung bei der aktuellen COVID-19-Pandemie sind die sog. Force Majeure-Klauseln. Sinn und Zweck einer Force Majeure-Klausel ist es, eine angemessene Risikoverteilung für Umstände zu schaffen, die keine der Vertragsparteien beherrschen kann. Diese Klauseln können Parteien eines Vertrages unter Umständen von ihren Pflichten für die Dauer der Beeinträchtigung durch die Pandemie befreien. Die Maßnahmen reichen dabei von einem besonderen Leistungsverweigerungsrecht bis hin zu einer vollständigen Vertragsauflösung. Soweit bereits solche Regelungen bestehen, richten sich die Rechtsfolgen zunächst nach der konkreten vertraglichen Vereinbarung.

Liegt eine Force-Majeure Klausel nicht vor, muss auf die Grundsätze des allgemeinen Zivilrechts zurückgegriffen werden. In diesem Fall kommen insbesondere zwei

Gestaltungsrechte aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Betracht. Die Unmöglichkeit nach § 275 BGB und die Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB.


§ 275 BGB – Unmöglichkeit der Leistungserbringung


Grundsätzlich sieht § 275 BGB vor, dass der Schuldner einer Leistung von seiner Pflicht, diese Leistung zu erbringen, frei wird, wenn ihm die Leistungserbringung unmöglich geworden ist. Dies bedeutet, dass keine der beteiligten Parteien seine jeweiligen Verpflichtungen aus dem Vertrag erbringen muss, d.h. der Schuldner der Leistung verliert in diesem Fall auch seinen Anspruch auf die Gegenleistung, meist das zu zahlende Entgelt.

Wesentliches Merkmal der Unmöglichkeit der Leistungserbringung ist das Verschulden desjenigen, der seine Pflichten nicht erfüllen kann. In den meisten durch Corona begründeten Störungen wird man wohl dazu kommen, dass ein Verschulden entfällt, so dass auch grundsätzlich die Pflicht zur Zahlung von Schadensersatz entfällt.

Keine Unwesentliche Rolle spielt dabei die Tatsache, ob die Störung durch behördliche Maßnahmen verursacht wurde. Es fehlt dann in diesem Fall an dem Element des eigenen Handelns oder Verschulden des Unternehmers, so dass im Zweifel eine unverschuldete Unmöglichkeit vorliegt.


§ 313 BGB – Wegfall der Geschäftsgrundlage


Liegt keine Unmöglichkeit vor, ist zu prüfen, ob die Möglichkeit der Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB besteht.

Eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB liegt vor, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag so nicht geschlossen hätte, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Anlässlich der Corona-Pandemie wird man hiervon grundsätzlich ausgehen können.

Eine Vertragsanpassung ist weiter nur dann möglich, wenn einer Vertragspartei das

Festhalten an dem Vertrag unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht mehr zugemutet werden kann. Das meint die Vorstellung der Vertragsparteien, dass sich die grundliegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Umstände, beispielsweise durch eine Naturkatastrophe, nicht ändern werden.

Ein Anspruch nach § 313 Abs. 1 BGB auf Vertragsanpassung besteht jedoch nur dann, wenn die Störung nicht bereits in den alleinigen Risikobereich der Vertragspartei fällt, welche sich auf die Störung beruft.

Als letzte Voraussetzung darf das Festhalten an dem bestehenden Vertrag nicht zumutbar sein, was in einer individuellen Interessenabwägung festzustellen wäre.

Liegen diese Voraussetzungen alle vor, kommt es primär zu einem Anspruch auf Vertragsanpassung. Ist die Anpassung nicht umsetzbar, steht den Parteien ein Rücktrittsrecht zu.


Fazit


Gerade im Hinblick auf die unsichere Rechtslage, sollte in Lieferverträge und in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine vertragliche Vorsorge für solche Fälle getroffen werden. Force Majeure-Klauseln können dabei ein sicheres Instrument sein, um einen angemessenen Risikoausgleich zwischen den Vertragsparteien zu schaffen. Dem Verwender stehen dabei vielseitige Gestaltungsmöglichkeiten zu, wie die Klausel im Einzelnen hinsichtlich des Eingreifens und der Rechtsfolgen ausgestaltet werden kann.

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